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Montag, 28. April 2008

Rechtsextremismus - (k)ein Frauenphänomen?

Männer/Frauen: Rechtsextremismus - (k)ein Frauenphänomen?

Einleitung

NS-Parolen grölende junge Männer auf nächtlichen Straßen, schwarze Fahnen schwingende Glatzköpfige auf Demonstrationen, gewalttätige rechte Skins in Bussen und Bahnen, vom "deutschen Volk" fabulierende Redner auf Versammlungen - so oder ähnlich zeigen Medien das Gesicht des Rechtsextremismus in Deutschland. Wie differenziert dieses Bild auch immer präsentiert wird, es zeichnet das Bild vom Rechtsextremismus als Männerphänomen und ist häufig mit Gewalt verknüpft.
Ist Rechtsextremismus also kein Frauenproblem? Spielen Frauen bzw. Mädchen keine Rolle im rechten Spektrum? Stehen sie allenfalls als Erfüllungsgehilfinnen im Hintergrund, sind sie mehr oder weniger passiv und zweitrangig und ist der Blick auf sie deshalb weitgehend obsolet?
Die Antwort lautet "nein". Mädchen und Frauen sind im rechten Spektrum zwar deutlich weniger sichtbar. Sie agieren eher im Hintergrund und entziehen sich damit zu einem großen Teil unserem Blickfeld. Dies gilt sowohl für die militante Jugendszene wie für rechte Parteien. Sie fallen zudem deutlich weniger durch Gewalt auf und nehmen nur selten Führungspositionen ein. Gleichwohl gibt es sie - die rechten (Mit)Täterinnen und Kaderfrauen. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen immer wieder, dass Frauen für rassistische und rechtsextreme Einstellungen genauso empfänglich sind wie Männer.

Wo sind Frauen mit welchen Anteilen vertreten?


Wer sich - wie die Verfasserin dieser Zeilen - einen schnellen und kurzen Überblick über den Anteil und die Bedeutung von Frauen im rechtsextremen Spektrum verschaffen will, trifft auf viele verschiedene Schätzungen, die eine erhebliche Spannbreite offenbaren. Die unterschiedlichen Angaben sind darin begründet, dass geschlechtsspezifische Analysen generell nicht im Vordergrund der Rechtsextremismus-Forschung stehen, rechtsextreme Parteien und Gruppen kaum eigene (geschweige denn nachprüfbare) Angaben zum Anteil von Frauen in ihrer jeweiligen Organisation machen und Schätzungen sich auf diverse, oft nicht vergleichbare Studien beziehen, die teilweise vor über zehn Jahren gemacht wurden.
Um die Beteiligung von (jungen) Frauen in den verschiedenen Bereichen des Rechtsextremismus zu veranschaulichen, hat Michaela Köttig (2002) das Bild einer Pyramide entworfen. Mit neueren Forschungsergebnissen versehen, gibt eine derartige virtuelle Pyramide einen ersten Überblick über den Anteil von Mädchen und Frauen für verschiedene Bereichen des rechtsextremen Spektrums:
An der Spitze der Pyramide stehen rechtsextrem bzw. fremdenfeindlich motivierte Straf- und Gewalttaten. Hier sind Mädchen und Frauen nach jüngsten Schätzungen etwa mit einem Anteil zwischen fünf und zehn Prozent vertreten. Die Beteiligung reicht hierbei von rassistischen und neonazistischen Parolen über die Anstiftung zum Übergriff bis hin zur Körperverletzung.
Auf der zweiten Stufe der Pyramide ist die Zugehörigkeit von Frauen im organisierten Rechtsextremismus anzusiedeln, d. h. ihre Mitgliedschaft in rechtsextremen Parteien, in der Neonazi-Szene und in rechten Jugendcliquen. Aufgrund fehlender empirischer Untersuchungen schwanken hier Schätzungen erheblich zwischen sieben und 20 Prozent, nach hohen Schätzungen sogar bis 30 Prozent.
Hinsichtlich der Wählerschaft rechtsextremer Parteien gehen ExpertInnen davon aus, dass sie sich zu etwa einem Drittel aus Frauen zusammensetzt.
Kaum noch geschlechtsspezifische Unterschiede konstatieren verschiedene Studien bei rassistischen und rechtsextremen Einstellungsmustern. Mit einer bedeutsamen Ausnahme: Die Verknüpfung von Rechtsextremismus mit Gewalt lehnen Mädchen und Frauen deutlich stärker ab als Jungen und Männer.

Gewalt: Gewalt- und Straftaten gehen vorrangig auf das Konto von (jungen) Männern


Frauen und (rechtsextreme) Gewalt - dabei scheint es sich weitgehend um zwei verschiedene Paar Schuhe zu handeln. Ein eindeutiges Ergebnis der Einstellungsforschung ist, dass Frauen Gewalt sehr viel deutlicher ablehnen als Männer. Alle Konzepte, die Rechtsextremismus mit Gewalt verknüpfen, finden deshalb bei Frauen weniger Zustimmung als bei Männern.
Auch die direkte Beteiligung von Frauen an rechtsextremer Gewalt ist vergleichsweise gering. So sollen sich unter den vom Bundesamt für Verfassungsschutz für das Jahr 1999 gezählten rund 9.000 gewaltbereiten RechtsextremistInnen weniger als fünf Prozent Mädchen und Frauen befunden haben (Ceballos Betancur 2000). Auch für NRW liegen eher niedrige Angaben vor: Dem Landeskriminalamt NRW wurden vom 1.1.1998 bis 31.12.2000 insgesamt 318 Tatverdächtige gemeldet, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen waren. Unter diesen befanden sich 34 weibliche Tatverdächtige (10,6 Prozent). Davon waren drei Mädchen jünger als 16 Jahre und 30 junge Frauen zwischen 16 und 25 Jahren (Landesregierung NRW 2001).

Auf eine Zunahme des Frauenanteils in den letzten Jahren weisen zwei Vergleichsstudien hin, die auf bundesweiten Auswertungen polizeilicher Ermittlungsakten beruhen. Die Studie von Willems u. a (1994) zu fremdenfeindlichen Straf- und GewalttäterInnen ergab für 1992/93 einen nur geringen Frauenanteil: Lediglich 5,1 Prozent der Ermittlungen richteten sich demnach gegen Mädchen bzw. Frauen. Eine Wiederholung dieser Analyse für das Jahr 1997 (Peucker u. a. 2001) kam zu dem Schluss, dass der Anteil der weiblichen Tatverdächtigen zwischen 1992/93 und 1997 fast auf das Doppelte (neun Prozent) angestiegen ist.

Im Einzelnen kommt diese neuere Studie hinsichtlich der Geschlechtsstrukturen zu folgenden Ergebnissen:
Der höhere Frauenanteil ist auf einen Anstieg bei allen (auch gewalttätigen) Delikten zurückzuführen.
Frauen sind anteilsmäßig weniger als Männer an Körperverletzungen beteiligt. 26 Prozent der tatverdächtigen Männer, aber "nur" 18 Prozent der tatverdächtigenFrauen beteiligten sich an Körperverletzungen.
Anteilsmäßig häufiger als Männer sind Frauen an Delikten wie Volksverhetzung und so genannten Propagandastraftaten beteiligt.
Weibliche Tatverdächtige sind im Durchschnitt jünger als männliche. Während 44 Prozent der weiblichen Tatverdächtigen unter 18 Jahre alt sind, trifft dies auf weniger als ein Drittel (29 Prozent) der Männer zu.
Weibliche Tatverdächtige begehen wie die jungen Männer in erster Linie Gruppenstraftaten, sie sind aber vergleichsweise weniger häufig in Skinhead-Gruppen und rechtsextremen Gruppen organisiert. Nur 16 Prozent der Frauen sind Mitglied einer Skinhead-Gruppe, bei den männlichen Tatverdächtigen ist es fast jeder Dritte (31 Prozent).
Die weiblichen Tatverdächtigen kommen jeweils zur Hälfte aus den alten und den neuen Bundesländern." Sie sind zum überwiegenden Teil Schülerinnen (44 Prozent). Fast jede Dritte (29 Prozent) befindet sich in der Ausbildung. Bei 15 Prozent der Tatverdächtigen handelte es sich um berufstätige junge Frauen. Kaum vertreten waren arbeitslose Frauen.
Die weiblichen Tatverdächtigen verfügen im Durchschnitt über einen etwas höheren Schulabschluss als die Männer. 48 Prozent der Frauen haben einen Hauptschulabschluss (Männer: 55 Prozent), 34 Prozent einen Realschul- bzw. POS-Abschluss (Männer: 27 Prozent) und fünf Prozent verfügen über Abitur (Männer: zwei Prozent).


Gewaltverhalten von Mädchen und Frauen


Bei gewalttätigen fremdenfeindlichen (jungen) Frauen kristallisieren sich nach Analysen von Urteilsschriften und den Tathergangsschilderungen zwei typische Verhaltensmuster heraus (Gaßebner u. a. 2001):
Es gibt einerseits junge Frauen, oft weibliche Skinheads (sog. Rennes), die aus eigener Initiative eine Migrantin niederschlagen und dann gemeinsam auf sie eintreten - eine typische Vorgehensweise auch der männlichen Gruppentäter.
Andererseits finden sich aber auch Frauen in Skinheadcliquen, die weder alleine noch mit ihrer Freundin gegen MigrantInnen gewalttätig werden. Wird von den männlichen Cliquenmitgliedern eine Schlägerei angezettelt, scheuen diese jungen Frauen aber nicht davor zurück, dann als gewalttätige Mitläuferinnen ebenfalls auf das womöglich am Boden liegende Opfer einzuschlagen.
Innerhalb der Skinheadszene gibt es dieser Untersuchung zufolge einen gewissen "Ehrenkodex", wonach ein Mann keine Frau schlägt:

"Ob und inwieweit sich die einzelnen Personen daran halten, hängt vom individuellen Aggressionspotential und dem Interaktionskontext ab. Gleichwohl schrecken etliche Skins nicht davor zurück, eine Frau zu schlagen, sei es eine Ausländerin, eine ´linke´oder auch die eigene Partnerin. Vor dem Hintergrund der Urteilsschriften deutet sich allerdings innerhalb dieser Cliquen eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in dem Sinne an, dass rechtsextreme Frauen Ausländerinnen, linke Frauen usw. verprügeln und rechtsextreme junge Männer die entsprechenden männlichen Opfer." (Gaßebner u. a. 2001, S. 140)


Unterhalb der Schwelle direkter körperlicher Gewalt sind Frauen in verschiedener Form an rechtsextremen Übergriffen beteiligt. Das Spektrum reicht hierbei vom im Hintergrund stehen, Beifall klatschen oder Lachen, über das Zeigen des Hitler-Grußes und rassistischen Beleidigungen bis hin zur Anfeuerung der (männlichen) Schläger. Das Gewaltverhalten rechtsorientierter Frauen fasst Michaela Köttig (2001) folgendermaßen zusammen:


"In direkter Form gegenüber PersonenEiner Untersuchung bei rechten Thüringer Jugendgruppen ist zu entnehmen, dass diese Form von Mädchen zunehmend angewendet wird. Sie setzen sie zur Konfliktlösung in Konkurrenzsituationen und gegenüber "neuen" Mädchen ein. Außerdem üben Reenes direkte Gewalt auch gegenüber ihren Partnern, innerhalb der Clique oder ihrem bekannten Umfeld aus. Die Fähigkeit, Gewalt einzusetzen, wird von den Mädchen durchweg hoch angesehen. Ähnlich wie bei Jungen haben gewaltförmige Auseinandersetzungen unter Mädchen die Funktion, sich Anerkennung, Aufmerksamkeit, Respekt und Beachtung den anderen Mädchen gegenüber zu verschaffen.
Als weitere Form ist die der stellvertretenden Gewalt zu sehen.Hierunter ist zu verstehen, dass Mädchen als Animateurinnen für das männliche Gewaltverhalten in ihren Gruppen auftreten. Sie appellieren in Situationen, in denen sie sich bedroht, belästigt o.ä. fühlen, oder die sie auch selbst herbeigeführt haben, an die "Ritterlichkeit" und den "Beschützerinstinkt" der Jungen. Die Jungen sollen dann als "Liebesbeweise" die Konflikte für sie stellvertretend lösen. Darüber hinaus animieren Mädchen als Zuschauerinnen die männlichen Jugendlichen und geben ihnen so die Möglichkeit, sich in Szene zu setzen. Selbst bei brutalen Schlägereien bestärken die Mädchen die Jungen in ihrem Tun, bewirken dadurch häufig auch eine weitere Eskalation und trösten und pflegen anschließend "ihre Helden".
Indirekte Form der GewaltausübungHierunter ist zu verstehen, dass Mädchen psychische Gewalt und Sachbeschädigung als Mittel aus sicherer Entfernung einsetzen, um unter den Betroffenen Angst zu verbreiten - ohne dass sie sich selbst auf eine direkte Auseinandersetzung einlassen. Z. B. erzählten mir zwei Mädchen, dass sie die Autoreifen von "Ausländern" zerstechen und ihnen Drohbriefe schicken." (Köttig 2001, S.3 f)

Organisation: Frauen als Mitglieder in rechtsextremen Parteien und Gruppen


Selbstauskünfte der Organisationen bzw. Schätzungen von ExpertInnen zum Anteil von Frauen im organisierten Rechtsextremismus weisen eine hohe Spannbreite von knapp zehn bis gut 30 Prozent auf. Sehr hoch sind beispielsweise die eigenen Angaben der DVU, die nach Anfragen der JournalistInnen Rainer Fromm und Barbara Kernbach (Fromm/Kernbach 2002) behauptete, dass ein Drittel ihrer Mitglieder Frauen seien. ExpertInnen gehen demgegenüber davon aus, dass in der DVU mit allenfalls zehn Prozent - im Vergleich zu NPD und REP - besonders wenige Frauen organisiert sind.
Auch von Seiten mancher ExpertInnen gibt es sehr hohe Schätzungen. So zitiert Ceballos Betancur (2000) Expertinnen, die den Anteil der "weiblichen Anhängerschaft der rechten Szene" auf 20 bis 30 Prozent schätzen. Und Michaela Köttig (2002) resümierte auf einer Tagung: "Der Anteil von Mädchen und Frauen im rechtsextremen Spektrum [...] beträgt etwa 1/3 zu 2/3." Derartig hohe Angaben lassen sich allerdings nicht bestätigen, wenn es um die Mitgliedschaft von Frauen in einzelnen Parteien und anderen Organisationen bzw. Szenen geht. Hier schwanken die Schätzungen eher zwischen zehn und 20 Prozent.
Die relativ niedrigen Mitgliederanteile von Frauen in rechtsextremen Parteien müssen in Beziehung gesetzt werden zum allgemeinen politischen Organisationsgrad von Frauen, um Fehlschlüsse zu vermeiden: Frauen sind auch in den etablierten Parteien deutlich weniger organisiert als Männer: Besonders niedrig ist laut Statistischem Bundesamt (2002) mit 17 Prozent der Mitgliederanteil von Frauen in der CSU. In der CDU und der FDP beträgt der Frauenanteil 25 bzw. 24 Prozent und in der SPD 29 Prozent. Über deutlich mehr weibliche Mitglieder verfügen nur die Grünen (38 Prozent) und vor allem die PDS (45 Prozent).

Etwa jedes zehntes Mitglied der Neonazi- und Skinhead-Szene ist weiblich


Das Bundesamt für Verfassungsschutz zählte im Jahr 2001 bundesweit rund 150 neonazistische "Kameradschaften" mit insgesamt etwa 2.200 Personen. Sie sollen in der Regel fünf bis 20 Mitglieder haben, die zumeist zwischen 18 und 25 Jahre alt sind. Der Anteil von Frauen wird hier auf zehn Prozent geschätzt (Bundesministerium des Innern 2002). In einigen Bundesländern gehen die Sicherheitsbehörden von einem etwas höheren Frauenanteil aus (Fromm/Kernbach 2002): Der Verfassungsschutz Bayern verzeichnet einen Anstieg bei Skinheads und Neonazis auf 16 Prozent, der niedersächsische Verfassungsschutz konstatiert einen durchschnittlichen Frauenanteil von fast 20 Prozent und im Innenministerium Thüringens wird der Frauenanteil in der Neonazi-Szene auf 20 bis 30 Prozent geschätzt.
Etwas niedriger liegen die Schätzungen der Verfassungsschützer in NRW (Innenministerium des Landes NRW 2002b). Sie schätzen den Frauenanteil im "organisierten Rechtsextremismus" auf insgesamt 14 Prozent. Diese Angabe bezieht sich auf die Parteien DVU, NPD und REP sowie auf die Neonazi- und rechte Skinhead-Szene, die nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer in NRW rund 90 Prozent des organisierten Rechtsextremismus ausmachen. Die meisten Frauen sind demnach bei den Republikanern mit 15 bis 20 Prozent vertreten, die wenigsten mit knapp zehn Prozent in der Skinhead-Szene. Bei Demonstrationen der nordrhein-westfälischen Neonazi-Szene soll der Frauenanteil zehn bis zwölf Prozent betragen (Köpf/Briegert 2002).

Nur relativ wenig Frauen nehmen Führungspositionen ein


Analog zur Mitgliedschaft sind Frauen auch in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert. In den letzten Jahren hatten die Republikaner mit rund 20 Prozent die meisten Frauen in leitenden Funktionen. Bei der NPD sollen es zehn Prozent und bei der DVU nur fünf Prozent gewesen sein (Köttig 2002, Ottens 1997). Bis heute nehmen die Republikaner im Vergleich zu NPD und DVU eine gewisse Sonderstellung ein:
So sind in dem im November 2000 neu gewählten REP-Bundesvorstand fast ein Viertel der Mitglieder Frauen (sieben von insgesamt 30 Personen). Ende 2000 befand sich demgegenüber mit Doris Zutt nur eine Frau im Bundesvorstand der NPD, bei der DVU waren zwei von elf Mitgliedern Frauen.
Während alle Landesverbände der DVU von Männern geleitet werden, warten die Republikaner mit zwei weiblichen Landesvorsitzenden auf: in NRW mit Uschi Winkelsett und in Sachsen mit Kerstin Lorenz." Im jeweils 15-köpfigen NRW-Landesvorstand sind bei den Republikanern drei Frauen, bei der DVU zwei Frauen und bei der NPD nur eine Frau vertreten.
Mit Uschi Winkelsett stellten die Republikaner in NRW für die Bundestagswahl 2002 eine Spitzenkandidatin auf. Demgegenüber waren auf der 13-köpfigen Landesliste der NPD nur Männer vertreten. Insgesamt befanden sich auf den 16 Landeslisten der NPD weniger als elf Prozent Frauen (14 von insgesamt 131 KandidatInnen)."
Der geringe Anteil von Frauen in leitenden Positionen ist kein typisches Phänomen von rechts außen, sondern ebenso von Parteien der Mitte. So gab es in der Bundesrepublik noch nie eine Präsidentin oder Kanzlerin, nur Schleswig-Holstein wird zurzeit von einer Ministerin geführt, und in den Parlamenten dominieren die Politiker. Unter den im 14. Deutschen Bundestag (1998 - 2002) vertretenen Abgeordneten befanden sich nur 31 Prozent Frauen und von den deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament sind im Jahr 2002 nur 38 Prozent weiblich. Frappierend ist auch die Verteilung der Geschlechter in manchen Länderparlamenten. Nach den Landtagswahlen 1998 waren in Bayern nur 22 Prozent der Abgeordneten Frauen, in Niedersachsen waren es 27 Prozent. In der Regel sind weibliche Abgeordnete bei CDU/CSU besonders wenig und bei Grünen und PDS besonders stark vertreten. So sind - laut vorläufigem Ergebnis der Bundestagswahl 2002 http://www.bundeswahlleiter.de nur 21 Prozent der CSU-Abgeordneten im 15. Deutschen Bundestag weiblich. Die Grünen besetzen hingegen mehr als die Hälfte (58 Prozent) der erzielten Mandate mit Frauen.


Nur die Republikaner verfügen über eine spezielle Abteilung für Frauen


Die Republikaner sind die einzige rechtsextreme Partei Deutschlands, die mit einem eigenen Frauenverband aufwarten: Der "Republikanische Bund der Frauen" (RBF) wurde 1995 in Wiesbaden gegründet. In ihm sind allerdings nicht nur Frauen organisiert. Nur rund 70 Prozent der Mitglieder sind nach eigenen Angaben weiblich. Erklärtes Ziel ist es,"das politische Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken, sie zur Mitarbeit und Übernahme von Verantwortung auf sämtlichen Gebieten der Politik zu ermutigen." Hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses wird die Zusammenarbeit von Frauen und Männern wider "dem Zeitgeist eines immer weiter entarteten Feminismus" betont. Die Mitglieder wollen sich nicht nur mit Frauen- und Familienthemen befassen, sondern an der gesamten politischen Willensbildung teilnehmen. Durch besondere Aktivitäten oder bedeutsamen innerparteilichen Einfluss ist die Organisation bislang nicht in Erscheinung getreten. Und im Gegensatz zu der formulierten (allgemeinpolitischen) Zielsetzung kommen auf der knapp gehaltenen Internetseite des RBF (www.rep.de/republikaner.org/repfrauen/index.htm) nur frauen- bzw. familienpolitische Aspekte zur Sprache. Und diese haben eine klare Botschaft: "Wir brauchen Dich!" und "Wir möchten lieber, dass unsere Mutti zu Hause bleiben kann" tönt es hier aus Kindermund.
Im April 2001 teilte der NRW-Landesvorstand der NPD-Nachwuchsorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) per Rundschreiben an alle Mitglieder die Gründung eines "JN-Mädelbundes NRW" mit. Zur Mädelbeauftragten - so die Mitteilung - wurde eine junge Frau vom JN-Stützpunkt Duisburg benannt.


"Ziel und Zweck dieser Organisation in der Organisation ist es, auch dem femininen Teil unserer Bewegung, ein auf ihre Interessen und Probleme zugeschnittenes Sprachrohr zu bieten! Politische Konzepte (Selbstbild der Frau im Nationalismus, Umwelt- und Tierschutz, Familienpolitik etc.), sowie auch die kameradschaftliche Seite (Kameradschaftsabende endlich einmal ohne Männer) sollen im Mädelbund-NRW bearbeitet werden."
(zitiert nach: Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen 2002a)

Über besondere Aktivitäten des Frauenprojektes wurde bislang nur wenig bekannt. Angeboten wurde z. B. eine Schwangerschaftsberatung. Für kurze Zeit präsentierte sich der "JN-Mädelbund" auf der Internetseite der JN-Duisburg, die enge Verbindungen zu Neonazis in der Region unterhielt. Im Zuge des NPD-Verbotsverfahrens verschwand der JN-Stützpunkt Duisburg - und mit ihm auch der "JN-Mädelbund" - aus dem Netz.


Ein bisschen Gleichberechtigung: Kämpferinnen an der Seite von Neonazis

Frauen als Rednerinnen auf Demonstrationen und Kundgebungen von Neonazis sind eine absolute Seltenheit. In der Neonazi-Szene nehmen Frauen in der Regel keine führende Stellung ein. Aber es gibt auch hier Ausnahmen. So konstatiert der NRW-Verfassungsschutz hinsichtlich einer der aktivsten Gruppierungen in NRW (die sich mal als "Nationaler Widerstand Hochsauerland", mal als "Freie Nationalisten Sauerland/Siegerland" bezeichnet): "Ungewöhnlich ist bei dieser Gruppierung, dass hier eine junge Frau […] eine maßgebliche Rolle spielt." (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen 2001, S. 90)
Auch die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG), eine 1979 in Frankfurt/M. von Neonazis gegründete Organisation mit etwa 400 Mitgliedern, die inhaftierte Gleichgesinnte unterstützt und Rechtsextreme auch in der Haftzeit auf Linie halten will, wird seit Jahren von weiblichen Vorsitzenden geführt. Derzeitige Vorsitzende ist Ursula Müller aus Mainz, die seit langem im neonazistischen Spektrum politisch aktiv.
Darüber hinaus sind in einigen "Kameradschaften" in der Gruppenhierachie direkt hinter den männlichen Führern ein bis zwei Frauen mit nicht unerheblichem Einfluss zu finden.Immer wieder wurden in den letzten Jahrzehnten neue Zusammenschlüsse von Frauen aus der Neonazi- bzw. rechten Skinhead-Szene ins Leben gerufen. Die meisten dieser, in der Regel lediglich wenige Mitglieder umfassenden Projekte waren nur von kurzer Dauer.
Zu einer der frühen Organisationen gehört die 1984 gegründete und mittlerweile aufgelöste "Deutsche Frauenfront" (DFF), die sich in ihrem Programm sowohl gegen "alte Zöpfe" und "verstaubte Vorstellungen" wandte wie auch gegen "linke Emanzipationsansprüche". Ziel der weiblichen Neonazis war die völlige Gleichberechtigung im "politischen Kampf Seite an Seite mit unseren männlichen Kameraden". Einige der führenden Aktivistinnen von damals sind auch heute noch in der Szene aktiv: So leitet Ursula Müller die HNG und betreibt Marie-Luise Malocci vom nordrhein-westfälischen Heinsberg aus den "Thule Multimedia Verlag".
Vergleichsweise lange bestand der "Skingirl Freundeskreis Deutschland" (SFD), der Silvester 1991/92 in Berlin gegründet wurde, rund 50 Mitglieder zählte und sich Ende 2000 - ohne Angabe von Gründen - selber auflöste. Der SFD forderte das "urgermanische Prinzip der Gleichberechtigung von Mann und Frau" und grenzte sich von "primitiven, betrunkenen Schlägerweibern" ebenso ab wie vom "Emanzentum". Die Aktivistinnen gründeten Arbeitskreise für "Mutter und Kind" und "Kinderarmut" und unterhielten Leihbörsen für Säuglingskleidung, Kinderschuhe und -bücher. Der personell wie ideologisch zwischen NPD, Neonazis und rechten Skingirls angesiedelte SFD löste sich möglicherweise angesichts des eingeleiteten NPD-Verbotsverfahrens in einer Art vorauseilendem Gehorsams selber auf.
Schnelle und für Außenstehende kaum durchschaubare Veränderungen kennzeichnen einzelne Frauenorganisationen im neonazistischen Spektrum. Im Jahr 2000 entstand z. B. aus der "Nationalen Weiber Aktions Front" der "Bund Heimattreuer Frauen" (B.H.F.) mit Sitz in Köln, der seine Fühler vor allem in Richtung heidnisch-germanischer und rechter esoterischer Zirkel ausstreckte. Die Gruppe präsentierte sich zeitweise via Internet, mittlerweile gibt es aber kaum noch Informationen über diese Gruppierung.
Via Internet melden sich immer wieder Frauen aus dem rechtsextremen Spektrum mit der Gründung von Kleinstgruppen zu Wort. Beispiele aus NRW sind die "Initiative der weißen Mädels" von einer Aktivistin aus Ennepetal oder die "Mädelkameradschaft Ruhrgebiet". Hinzu kommen Aufrufe von Renees aus der Region zur Gründung entsprechender Zusammenschlüsse. Wenngleich derartige Initiativen kaum größere Erfolge verbuchen können, so zeigen sie doch, dass innerhalb des rechten Spektrums mehr und mehr der Versuch unternommen wird, Mädchen bzw. Frauen für das rechte Lager zu rekrutieren."
Derzeit zählen vor allem der "Freie Mädelbund" aus Niedersachsen, die aus dem niedersächischen und Hamburger Raum operierende "Mädelschar Deutschland", die insbesondere in Baden-Württemberg aktive "Gemeinschaft Deutscher Frauen" und das aus Essen stammende Magazin "Triskele" zu den wichtigsten Projekten neonazistischer Frauen.
In Anlehnung an den nationalsozialistischen "Bund Deutscher Mädel" (BDM) bezeichnet sich eine zwischen Neonazis und NPD angesiedelte Gruppierung mit Postfachadresse in Bad Gandersheim als "Freier Mädelbund" (FMB). Wie die HNG engagieren sich die Frauen vor allem im Bereich der Betreuung gleichgesinnter Gefangener und deren Angehörigen. Auf ihrer Internetseite (www.8ung.at/fmb99/start.htm) präsentiert sich die Gruppe als "Verbund nationalistischer Frauen, Mütter und Aktivistinnen, die im freien Widerstand versuchen, ihren Teil im Kampf an Deutschland zu leisten." Konkret bedeutet dies vor allem Unterstützung für die Frauen und Kinder "inhaftierter Kameraden". Die Themenpalette der Gruppe spiegelt ein tradiertes Frauenbild wider: Es geht gegen Abtreibung und Kindesmissbrauch und gegen bildungspolitische Defizite, wie sie die Pisa-Studie offenbarte. Und in einem Beitrag zu "Hexen und Heilige" wird in einem großen Rundumschlag gleichzeitig mit Priestern, Emanzen und PolitkerInnen abgerechnet, die "einem das Leben heute schwer machen".
Selbstbewusst und kämpferisch gibt sich die "Mädelschar Deutschland" (MSD), die Ende 1999 im Umkreis der sog. Freien Kameradschaften in Norddeutschland entstand. Die Kameradinnen wollen nicht nur Anhängsel ihres Freundes sein, sondern auch aus Eigeninitiative für Deutschland und gegen Überfremdung kämpfen. "Unser Ziel ist es, dass wir Mädels im nationalen Freiheitskampf um Deutschland ernst genommen werden." - so heißt es auf der Internetseite des "Arbeitskreises Mädelschar" (www.widerstandnord.com/maedelschar/). Eine Anführerin der Gruppe distanzierte sich explizit von der Gefährtin Adolf Hitlers: Sie wolle "nicht so sein wie Eva Braun, die den Mund nicht aufmachte" (taz, 18.5.01). Mit monatlichen Schulungen zu politischen und historischen Themen sollen die Mädels fit für den Kampf gemacht werden. Gemessen an der Selbstdarstellung im Internet sind die Aktionen der Kameradinnen - zumindest bislang - allerdings eher dürftig und auf eine Putzfrauen-Rolle fokussiert: Ein "Arbeitseinsatz" in Hamburg 2000 (Reinigung eines Soldaten-Denkmals), ein "Arbeitseinsatz" in Berlin 2001 (Säuberung von Kriegsgräbern) und lediglich ein Vortrag (gegen den Einsatz deutscher Soldaten in Somalia).
Anfang 2001 wurde die "Gemeinschaft Deutscher Frauen" (GDF) mit Postfachadresse in Berlin gegründet, die bislang hauptsächlich Aktivitäten in Baden-Württemberg entfaltet hat. "WIR, das sind Mädels, Frauen und Mütter, die aktiv an einer nationalen Gemeinschaft teilhaben, diese gestalten und erleben. WIR, wissen, wie wichtig die Stellung der Frau im Schicksalslauf unseres Volkes ist." Mit diesen Worten stellt sich die Gruppe derzeit auf ihrer Internetseite (http://deutschefrauen.cjb.net/) vor. Bei der Gruppe gibt es deutliche Parallelen zum Ende 2000 aufgelöste "Skingirl Freundeskreis Deutschland" (SFD). Wie der SFD beschwört die GDF das Szenario vom drohenden Untergang des deutschen Volkes. "Nur gemeinsam wird die Rettung der deutschen Mutter und der deutschen Lebensart, die Erhaltung des deutschen Volkes möglich sein." Wie beim SFD sind viele Aktivistinnen zudem politisch in der NPD/JN bzw. in neonazistischen Kameradschaften organisiert. Die Ziele beschrieb Heike Müller, Mitglied in der GDF und im Landesvorstand der JN Baden-Württembergs in einem Interview mit der NPD-Zeitung "Deutsche-Stimme" so:


"Die durch Solidarisierungseffekte zu erzielende Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins, die politische Aktivierung und Schulung von Frauen sind die Kernpunkte unserer volkstreuen Frauenarbeit. Bezweckt wird damit auch, den weiblichen Einfluss innerhalb der nationalen Opposition zu erhöhen … Wenn wir es mit der Gestaltung der Volksgemeinschaft ernst meinen, müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass unser Volk nun einmal zur Hälfte aus Frauen besteht."
(zitiert nach: Deutsche Stimme, Sept. 2001)


Im Januar 2001 erschien erstmalig das Frauenmagazin "Triskele", das laut Impressum von einer Frau aus Essen herausgegeben wird und zumindest teilweise auf Strukturen des Ende 2000 aufgelösten "Skingirl Freundeskreis Deutschland" basiert. Das Heft wie auch die gleichnamige Internetseite (www.die-kommenden.net/triskele) ist nach eigenen Angaben entstanden, "um zu zeigen, dass Frauen genauso am politischen Kampf teilnehmen, wie Männer. [...]. Wenn es nicht nur der Kampf auf der Straße ist, so erfüllt sie ihre Pflicht daheim als Mutter." Im Wechsel präsentieren sich die bisher erschienen Ausgaben mal mit politisch-aktuellen, mal mit frauenspezifischen Titelblättern. Letztere zeigen mit dem BDM-Mädel oder der treusorgenden Mutter im Umkreis der Familie das klassische Frauenbild des Nationalsozialismus. In der Aktionsberichterstattung, die hauptsächlich aus Norddeutschland stammt, sind Frauen als Aktivistinnen rar. Zeitlosere politische Themen stammen teilweise aus früheren Publikationen des SFD. Alle speziell an Frauen gerichtete Artikel des Magazins wie auch die Rubriken auf der Internetseite offenbaren die klassische Frauenrolle gemäß dem Motto: "Die Arbeit ehrt die Frau wie den Mann, das Kind aber adelt die Mutter."
Eine nicht nur, aber hauptsächlich von Frauen getragene Organisation im neonazistischen Spektrum ist der "Nationale Sanitätsdienst - Das braune Kreuz" (BK) mit Sitz in Niedersachsen. Die bundesweit aktive Organisation hat sich auf Sanitätsdienste bei Aktionen und Demonstrationen spezialisiert und soll sich mittlerweile zu einem wichtigen Knotenpunkt in der eher lockeren Struktur der "Kameradschaften" entwickelt haben.


Zwischen aggressiver Männlichkeit und Koma-Saufen - die Skinhead-Szene wirkt auf viele Frauen abschreckend

Die Skinhead-Szene ist generell geprägt von blankem Chauvinismus und aggressivem männlichen Imponiergehabe - so die einhellige Meinung aller ExpertInnen. Frauen kommen in dieser Männerdomäne entweder gar nicht vor oder werden mit frauenverachtenden Sprüchen möglichst abfällig behandelt. Die derbe Skinhead-Welt beschreibt Klaus Farin mit folgenden Worten:


"Für die Präsenz von Frauen scheint das konkrete Alltagsverhalten einer Clique wichtiger zu sein als die politische Ausrichtung. Ständiges ´Koma-Saufen´ und zwanghafte Randaletriebe der männlichen Spezies schrecken Frauen offenbar ab, während kreative Aktivitäten den Anteil von Frauen erhöhen. […] Die rechte Szene verhält sich mackerhafter, das Männlichkeitsideal der ´Kämpfer für Doitschland´ ist ungebrochener als bei ihren nichtrassistischen Zwillingsbrüdern, obwohl sich auch unter nicht-rechten Skins reichlich Sexisten und Schwulenphobie-Infizierte finden. Frauenverachtende Songtexte […], nackte Brüste und Vaginen als populäre Gestaltungsmittel für Fanzines und Demotape-Cover erwecken auf Außenstehende zu Recht den Eindruck einer extrem derben Männerwelt." (Farin 2001, S. 121f)


In einer Studie zu rechten Jugendcliquen untersuchten Benno Hafeneger und Mechthild M. Jansen u. a. das Verhältnis der (fast ausschließlich männlichen) Gruppenmitglieder zu Mädchen und Frauen. Drei ausgewählte rechte Jugendcliquen wurden hierbei in die Typen "weich" ("Ethnozentrismus der Gefühle"), "mittel" ("gefestigte fremdenfeindliche Vorurteile") und "hart" ("auch organisatorisch eingebundener Überzeugungsrassismus") eingeordnet. Hinsichtlich der Vorstellungen und Geschlechterrollen in diesen Cliquen stellten sie einige Unterschiede fest:


"Es handelt sich in den Cliquen überwiegend um junge Männer, die auf der Suche nach Geschlechtsidentität einem traditionellen maskulinen Männlichkeitsbild mit seinen Normalitätsvorstellungen verpflichtet, die aber gleichzeitig in der ´weichen´ und auch vereinzelt in der ´mittleren´ Clique hochgradig verunsichert sind. Während die Jugendlichen in der ´harten´ Clique ihre Vorstellungen von Männlichkeit (´ein echter Mann ist ein rechter Mann´), von Geschlechterhierachie, von Ehre und dem (biologischen Auftrag) von ´Mann und Frau´ mit rassistischer Ideologie untermauern, sind sie in der ´mittleren´ und ´weichen´ Clique eher durch die Übernahme von kulturell tradierten (und über die Herkunftsfamilien bzw. -milieus vermittelten) Mentalitätsbeständen aus ihrem Alltag beeinflusst, die sich in maskulin getöntem Gehabe, Vorurteilsmustern, Witzen und Sprüchen äußern. […] Das cliquenbezogene Männlichkeitsleben und ihr demonstrativer Männlichkeitsgestus ist in allen drei Cliquen gebunden an mehrere Risikoverhaltensweisen und Inszenierungen, zu denen vor allem der exzessive Alkohol- und Tabakkonsum […] gehören. Mädchen und junge Frauen spielen in diesem Agieren bei den untersuchten Cliquen keine bzw. eine sehr eingeschränkte Rolle. Die wenigen Äußerungen der Mädchen (die von den männlichen Jugendlichen zugelassen werden) zeigen deren traditionelle Geschlechterbilder (´wer das sagen hat´), die an konventionelle Zuständigkeiten und Aufgabenteilung gebunden sind." (Hafeneger/Jansen 2001)


Was macht rechte Skinhead-Cliquen für Mädchen und Frauen attraktiv?


Angesichts des demonstrativen Männlichkeitsgebarens und der Ignoranz bzw. Abwertung von Frauen stellt sich die Frage, warum sich Mädchen überhaupt einer solchen Szene anschließen. Michaela Köttig weist neben anderen biographischen und sozialen Rahmenbedingungen vor allem auf den Zeitpunkt des Eintritts in eine rechte Clique hin. Mädchen befinden sich demnach in der Regel in einer Ablösungsphase vom Elternhaus, sie sind auf der Suche nach Abgrenzung und Eigenständigkeit.


"Die Außenwirkung der rechten Gruppen, die Präsentation von Stärke, Eigenwilligkeit und Gemeinschaft, die provozierende Symbolik, sowie die einfachen politischen Erklärungen, lässt die Mädchen glauben, dass sie mit dem Einstieg in die Szene einen Zuwachs an Eigenständigkeit erreichen. Zudem können sie sich über ihr Outfit einerseits eindeutig einer Gruppe zuordnen, gleichzeitig vom Elternhaus abgrenzen. Gerade die Skinheadkultur, verbunden mit dem besonderen Outfit, aber auch mit dem Hören besonderer Musik, einer szeneinternen Sprache und dem Besitz (verbotener) Materialien […] übt auf die Mädchen einen besonderen Reiz aus." (Köttig 2002, S. 11f)

Darüber hinaus betont Michaela Köttig, dass es den Mädchentypus in der Skinhead-Szene nicht gibt, vielmehr von drei Hauptgruppen auszugehen ist:
Weiblich wirkende Mädchen, die von ihrem Outfit nicht als rechte Mädchen zu erkennen sind."Sie verhalten sich eher defensiv, haben häufig eine Beziehung zu einem Jungen der Gruppe und sind von dem Gedanken getragen, ihn aus der Gruppe herauszuziehen. Sie sind in den Gruppen nicht sehr stark verankert und verlassen die Clique häufig, wenn die Beziehung zu dem Jungen beendet ist." (Köttig 2002, S. 10)
Renees oder Skingirls, die sich an dem Outfit (Kleidung, kurz geschorene Haare) der Jungen orientieren."Renees distanzieren sich von den typischen Weiblichkeitsmerkmalen. Sie treten politisch aktiv (häufig auch gewaltbereit) auf, sind in der Gruppe stärker […] verankert und werden als Aktivistinnen ernster genommen. Renees treten in den Cliquen auch eigenständig auf, d. h. ohne einen Freund zu haben." (Köttig 2002, S. 11)
"Sowohl-als-auch"-Mädchen, die hinsichtlich Outfit und Auftreten ambivalent sind."Sie haben häufig längere Haare, darunter ist ihr Haar an den Seiten und hinten rasiert. So können sie - je nachdem in welchem Umfeld sie sich bewegen - sowohl ihre Zugehörigkeit zur rechten Szene demonstrieren, können aber auch unerkannt bleiben und so die Konfrontation mit dem ´Außen´ […] vermeiden. Ihr Auftreten in den Cliquen ist ebenfalls sehr ambivalent und wechselt zwischen einem betont weiblichen und einem eher autonomen selbstbewussten Verhalten." (Köttig 2002, S. 11)
In diese männliche Domäne eindringen können junge Frauen nach Birgit Rommelspacher (2000) nur, wenn sie männliche Rollen übernehmen und beispielsweise andere Frauen ihrerseits als "Schlampen" oder "Schlägermädels" diffamieren. Im Kontext gewaltbereiter Jugendgruppen sind demnach verschiedene Varianten anzutreffen:
die ideologisch überhöhte Rolle der Kämpferin als Herrscherin über das Leben und als treusorgende Mutter
die Zuarbeiterin und Mitläuferin bzw. Anstifterin im Hintergrund
die "maskuline" Rolle als Gewalttäterin und Funktionsträgerin.

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